Weinwunder mitten im Atlantik

Weinanbau auf Pico

Zu Besuch im UNESCO-Weltkulturerbe

von Gustav

Ein echtes UNESCO-Weltkulturerbe

Das Weinbaugebiet und sein besonderes Vulkan-Terroir

Auf Pico wachsen die Reben mitten in einer bizarren Vulkanlandschaft, geschützt von uralten Lavasteinmauern. Entdecken Sie, wie diese unwirtliche Umgebung einzigartige Weine mit mineralischer Tiefe und salziger Note hervorbringt – ein wahres Weinwunder mitten im Atlantik.

80.000 Kilometer

… oder zweimal der Erdumfang: So lang wäre die aneinandergereihte Basaltstein-Kette der Lavamäuerchen, die einem riesigen Irrgarten gleich die unzähligen, klein parzellierten Rebflächen der Insel Pico umrahmen.

Ein einzigartiges Terroir

Schon der visuelle Eindruck verschlägt einem die Sprache. Noch beeindruckender sind die Gegebenheiten des vulkanischen Terroirs, die über 500-jährige Geschichte und die inzwischen hohe Qualität der hier erzeugten Weine. Der Weinanbau auf Pico ist überraschend, originär und einzigartig — wie so vieles auf den Azoren — und zählt nicht von ungefähr zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Die 987 ha große, seit 2004 UNESCO-geschützte Kulturlandschaft samt ihrer 1.924 ha umfassenden Pufferzone erstreckt sich an zwei Küstenabschnitten.

Das Terroir und die currais

Für den küstennahen Anbau, der bis auf 50 m ans Meer heranreichen kann, gibt es einen triftigen Grund. Zu groß ist der Einfluss des alles überragenden, 2.351 m hohen Vulkanriesen Pico mit seiner ihn umgebenden Wolkenbildung. Wie sagt der Picoenser doch gleich:

„Die Reben sind dort, wo man die Krabben singen hört“.


Der Wein steht auf Stein, genauer gesagt auf Basaltlava, die es auf Pico im Überfluss gibt. Dort, wo die langen Rebstockwurzeln ihren Weg zur wasser- und nährstoffreichen Erde nicht durch Risse und Spalten gefunden haben, schlugen zig Generationen von Kleinbauern Löcher in die Lavadecke. Die herausgebrochenen Steine nutzte man zum Häuserbau — und vor allem für die currais.

Diese charakteristischen Lavasteinmäuerchen sind das prägende visuelle Element des Weinbaus auf Pico. Zu Abertausenden in engen Abständen, rechteckig oder halbrund, aber immer hüfthoch errichtet, schützen sie die klein parzellierten Rebflächen vor den Atlantikwinden und übermäßiger Meeresgischt. Und dienen zugleich als natürlicher Wärmespeicher, der die tagsüber absorbierte, teils intensive Sonneneinstrahlung in der Nacht an die Reben abgibt.

Atemberaubend

An der Nordküste vom Inselhauptort Madalena bis nach Santa Luzia. Und an der Südwestküste von Criação Velha bis nach São Caetano.

Hier herrschen besondere gegebenheiten

Die Pico-Weine und ihre Geschichte

Die speziellen Gegebenheiten in Kombination mit insbesondere autochthonen, also heimischen Rebsorten und moderner Kellereitechnik lassen charaktervolle Weine entstehen, die sich durch ihre hohe Mineralität, eine knackige Säure und eine unverkennbar salzige Note auszeichnen. Dabei versteht sich von selbst, dass Pico-Weine keine Massenweine sind.

Tradition und Authentizität

Die Anbaufläche ist überschaubar — so etwa von der Aussichtsplattform der emblematischen Windmühle Moinho do Frade in Criação Velha. Und alle Arbeiten an den Rebstöcken inklusive der Weinlese, die aufgrund des Klimawandels mittlerweile schon Ende August stattfindet, müssen mühselig von Hand ohne jegliche Mechanik erfolgen. Eben genauso wie zur Blütezeit im frühen 19. Jh.

Auch die physischen Zeugnisse jener Epoche, die spektakulären Weinbauflächen selbst, die Lavastein-Gebäude (Guts- und Lagerhäuser, Mühlen und Kirchen) sowie Brunnen, Wege und Hafenrampen sind außerordentlich gut erhalten, völlig authentisch und somit UNESCO-schützenswert.

Tipp

Einen guten Einblick in die Geschichte und Anbauweise gewinnt man im Weinmuseum Museu do Vinho am östlichen Ortsrand von Madalena. Echte Hingucker sind aber nicht nur die Exponate in einer ehemaligen Karmelitermönche-Residenz, sondern auch der fernöstlich anmutende Aussichtspavillon und prächtige, jahrhundertealte Drachenbäume.

Öffnungszeiten:
April—September 10:00—17:30 Uhr
Oktober—März 09.30—17:00 Uhr
montags geschlossen.

Der Beginn des Weinanbaus

Der Beginn des Weinanbaus datiert auf die Besiedelung im 15. Jh. zurück. Im größeren Stil wurde er aber erst nach dem verheerenden Vulkanausbruch von 1718 betrieben und erreichte seinen Höhepunkt Anfang des 19. Jh.

Die Exportschlager zu jener Zeit waren süffig-süße Tropfen aus den weißen Rebsorten Terrantez do Pico und allen voran Verdelho, als dessen berühmtester Abnehmer der Zarenhof galt. Die Erfolgsgeschichte fand bald ein jähes Ende:

Mitte und Ende des 19. Jh. vernichtete erst der Mehltau und dann die Reblaus nahezu alle Weinfelder. In der Folge wurden fast nur noch resistentere, amerikanische Hybridreben der Sorte Isabella angepflanzt. Doch aus dieser roten Rebsorte mit ihrem eigentümlichen Foxton ließen sich nur minderwertige Weine produzieren (die im Übrigen bis heute als vinho de cheiro, „Riechwein“, vermarktet werden). Die Weinkultur von Pico wie der gesamten Azoren versank in Bedeutungslosigkeit. Bis zur Kehrtwende in den 1980er Jahren.

Die Renaissance des Weinanbaus

Die Gründung der Azoren-Weinkommission und staatliche Investitionshilfeprogramme führten zu einer nachhaltigen Renaissance des Anbaus mit den historischen weißen Rebsorten Verdelho, Terrantez do Pico und Arinto dos Açores, der mit dem Weltkulturerbe-Status ab 2004 noch zusätzlichen Auftrieb gewann. Zudem wurden mehrere europäische Qualitäts-Rebsorten für Rotweine importiert.

Die hiesigen Stars sind und bleiben aber die Weißen. Als D.O.-Weine von Pico herkunftsgeschützt, präsentieren sie sich heute natürlich nicht mehr nur süffig-süß, sondern — vom Likörwein abgesehen — trocken, frisch und leichtfüßig. Für Kenner und Liebhaber vulkanischer Terroirweine ein echter Hochgenuss!

Die Live-Story

Museu de Vinho

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