Mit seinen gerade einmal siebzehn Quadratkilometern ist Corvo mit Abstand die kleinste Insel des Azoren Archipels. Nachbar zu seiner berühmten Schwester Flores und von Touristen wenig beachtet, ist sie dennoch ein spannendes Ziel für alle Neugierigen und Vulkanfans.
Der kleine Ort Vila do Corvo ist vielleicht nicht mit Unmengen an Schönheit gesegnet, hat aber dennoch seinen ganz eigenen Charme.
Warum Corvo?
430 Corvinos und ihre Liebe zur Heimat

Rui ist schon weit über 70, doch seine Haltung ist aufrecht und stolz, während er auf seiner Insel steht, den Blick schon lange nicht mehr gen Westen gerichtet.
Vila do Corvo ist die einzige Stadt – oder vielmehr das einzige Dorf – der Insel. Hier ist Rui geboren, als echter Corvino kennt er die kleine Insel wie seine Westentasche. Und das, obwohl er den Großteil seines Lebens nicht hier gelebt hat. Er ist, wie so viele seiner Mit-Inselbewohner, in die USA ausgewandert. Dort lebte er den amerikanischen Traum: Karriere, Ehe, Haus, Familie. Doch irgendwann, vor einigen Jahren, hielt er es nicht mehr aus und kehrte zurück.
Auf diesen winzigen Flecken Land im Nirgendwo, mit weniger als 500 Einwohnern, aber dafür 1300 Rindern und genau zwei Straßen gibt es außerhalb des Ortes.
„Warum sind Sie zurückgekehrt”, frage ich ihn und er lächelt besonnen, wendet den Blick nicht von der Stadt unter uns ab.
“Heimat. Ich habe mein Zuhause immer vermisst. Den Frieden, die Stille, das Meer, einfach alles. Es gibt nichts, was sich damit vergleichen lässt. Nichts ist besser, als endlich wieder daheim zu sein.”
Wie Rui geht es vielen der wenigen Einwohner des Ortes. Egal, wie weit weg es die Corvinos zieht, am Ende kehren sie alle zurück: Auf diese eine, ganz besondere Insel im Atlantik.
Der Grund, weshalb es mich nach Corvo zieht?
Es ist der circa 2 Millionen Jahre alte Einsturzkrater, der von den Einheimischen Caldeirão genannt wird.
Bei Sonnenschein am Kraterrand des Monte Gordo zu stehen, verschlägt einem völlig den Atem. Ich könnte ewig hier stehen.
Ganze zwei Kilometer Weite. 300 Meter Tiefe. Mehreren Seen auf dem Grund des Kessels. Wow!
Vögel beobachten und Klimaneutral
Corvo – der Rabe
Corvo, was auf Deutsch “Rabe” bedeutet und auf den schwarzen vulkanischen Ursprung der Insel anspielt, hat abseits dieser Hauptattraktion aber auch noch mehr zu bieten: Seit 2007 ist die gesamte Insel ein UNESCO Biosphärenreservat und bei Ornithologen sehr beliebt. Es gibt kaum einen Ort, an dem man so entspannt und friedlich Vögel beobachten kann, wie hier. Außerdem versucht Corvo die erste Azoreninsel zu werden, die sich ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt – sofern Graciosa nicht schneller ist.
In der Ruhe
Zum Sonntagsspaziergang mit den Einheimischen
Wer zum Sonntagsspaziergang mit den Einheimischen um die dominante Landebahn des Flughafens läuft, kann seine Füße am schwarzen Sandstrand von Portinho da Areia ins Meer stecken und das Markenzeichen der Insel genießen: grenzenlosen Frieden.
Corvo ist nicht nur die kleinste Insel des Archipels, sondern auch die abgelegenste. Seit 1993 gibt es einen kleinen Flughafen und erst seit 2009 gibt es in den Sommermonaten regelmäßige Fähren von Flores.


Die Anreise lohnt sich für einen Tagesausflug. Nicht nur der große Krater hinterlässt einen bleibenden Eindruck, sondern auch die Menschen dieser einzigartigen Inselgemeinschaft. Wer allerdings ein Gefühl für die Insel bekommen möchte, kann auch in einer der zwei Unterkünfte übernachten.
Das gesamte Jahr über muss man entweder mit den seltenen Flugverbindungen, einer kleinen Fähre oder einem Speedboot vorlieb nehmen, um anzureisen.